„Das Wiedner“ und „die Siebenbrunnengasse“ – zwei wiener Poolklubs und ihre Lokale

Altes Logo des 1. PBC Union Wien
Altes Logo des 1. PBC Union Wien

Ende der 80erjahre fanden sich im Wiedner Billardcenter am Wiener Naschmarkt einige Pool-Billard-Begeisterte zusammen, die Pool nicht als Wirtshausspiel, sondern als Leistungssport lernen und betreiben wollten. Die Frage war: wie spielt man richtig Pool? Da konnte der Kärntner Robert Paier helfen, der aus seinem Bundesland Erfahrungen mitbrachte. Es war auch notwendig, denn zu diesem Zeitpunkt gab es in der Bundeshauptstadt Wien zwar eine Menge Carambol-Vereine, aber keinen einzigen, der sich mit Pool-Billard befasste.

Im Jänner 88 gab es das „Gründungsturnier“ im Wiedner Billardcenter. Neben Robert Paier spielten damals Gerhard Kouba, Thomas Ritter, Gerald Lewinski, Christian Lintschinger und H-W Eckhardt – und auch der damals 12jährige Peter Bauch. Die Vereinsgründung erfolgte kurz darauf. Die ersten Monate gab es freundschaftliche Mannschafts-Begegnungen mit einem Salzburger und einem Kärntner Verein. In Wien waren noch keine Turniere und keine Meisterschaft möglich. Den Anschluss an die Billardszene  schaffte der Klub Ende 1989, als er daranging, mit zwei weiteren mittlerweile gegründeten Wiener Klubs und mit einem brandneuen Wiener Neustädter Billardverein eine Mannschaftsmeisterschaft samt Einzelturnieren im Rahmen einer „Spielgemeinschaft Ost“ anzufangen. Als die Zahl der Vereine in Wien und Niederösterreich angewachsen und jeder der mittlerweile gegründeten Landesverbände lebensfähig geworden war, begannen beide Bundesländer 1991/92, jedes für sich, eine eigene Meisterschaft.

Erster Klub in Wien

Peter Bauch
Peter Bauch (1995)

Der 1. PBC Union Wien war der erste Klub in Wien. Andere Wiener Klubs wurden von ehemaligen Spielern des 1. PBC gegründet. Die erste Mannschaft des Klubs, der inzwischen dem Dachverband Union beigetreten war, spielte sehr bald in der Bundesliga und schaffte als bestes Ergebnis in der Saison 1995/96 das obere Play Off. Zu einer besseren Platzierung reichte es nicht mehr, da der Spitzenspieler des Vereines, Tobias Ragossnig nach Amerika auswanderte. Das löste eine Austrittswelle aus. Ohne Tobi und in der Folge ohne weitere Spitzenspieler wie Peter Bauch und Christian Lintschinger musste der Bundesligaplatz aufgegeben werden. Es gab dann eine Konsolidierungsphase mit einer Regionalligamannschaft, der Christian Necimer, Alexander Eidler, Florian Herzinger, Georg Schwab und Michael Mosler angehörten. So wurde 1997/98 erfolgreich um den Wiederaufstieg gespielt, die Saison drauf stieg Union wieder in die 2. Bundesliga ab. Daran konnte auch der Zugang von Vinzent Gomez und Sascha Ertl zunächst nichts ändern. Der Wiederaufstieg in die 1. Division gelang nicht mehr, trotz Verstärkung durch Alexander Wanner.

Die erste Erfolge

Die größten Erfolge des Vereines bzw. von Spielern des Vereines waren wohl die beiden Grand Prix-Siege von Tobias Ragossnig (St. Pölten 1996) und Peter Bauch (Wien 1995) sowie der 2. Platz von Ragossnig beim Grand Prix- Masters im Frühjahr 1995. Der Verein verbucht es als großen Erfolg, daß er drei volle Saisonen in der Österreich-Wertung der Computerrangliste den 1. Platz einnahm. Einen großen Erfolg gab es beim Nachwuchs: 1996 konnte Stefan Krypl in Tirol alle drei Titel bei den Junioren holen, verließ dann aber gleich darauf für drei Jahre die Billardszene. Union stellte einige Male Wiener Meister, zuletzt in der Aufstellung Krypl, Schwab, Schierscher, Bauch und Wlach in der Saison 2000/01. Der größte Mannschaftserfolg gelang im Ö-Cup 1994 in Lambach: der Spitzenklub UBSC Pongau konnte in einem mitreißenden Finale knapp geschlagen werden, den entscheidenden Punkt holte Routinier Christian Lintschinger gegen Theo Riedlecker.

Exodus

Ein in der Vereinsgeschichte einschneidendes Ereignis gab es rund um das Osterfest 2001: der Exodus aus dem Wiedner Billardcenter und die Übersiedlung ins KÖÖ Siebenbrunnengasse. Das Wiedner Billardcenter war seit mehr als 13 Jahren das Stammlokal von Union Wien gewesen. Man hatte den Klub und „sein“ Wiedner Billardcenter fast gleichgesetzt: der 1. Wien-Grand Prix überhaupt im Jahr 1991 fand dort – zum Teil auf Acht Fuß-Tischen – statt; seit 1991 spielte Union Wien in der Bundesliga mit. Bei Leo Fiser fanden zahlreiche größere und kleinere Turniere vom Schüler- bis zum Ladies-Cup, vom ersten Basisturnier der einstigen Spielgemeinschaft Ost Wien-Niederösterreich bis zum Jugendturnier statt, zahllose Meisterschaftsrunden liefen hier, bei denen gleichzeitig auf bis zu acht Tischen gespielt wurde. Das alles in einem Lokal im Herzen Wiens, in dem sich der gesamte Billardsport wahrhaftig ein Stelldichein gab: denn hier agierte auch ein großer Carambol-Verein, der ebenfalls den Namen „Union“ trug.

Nach dreizehn Jahren sportlicher Höhen und Tiefen hatten sich Union Wien und das Wiedner Billardcenter auseinandergelebt. Nach der Kündigung erfolgte binnen weniger Tage der Umzug: zu Alexander Wanner in die Siebenbrunnengasse, damals Pächter des KÖÖ-Lokals. Wanner verstärkte den Klub nach dem Abgang von Christian Lintschinger. Christian war mit dem Klub als Gründungsmitglied viele Jahre verbunden und hatte ihm unschätzbare Dienste erwiesen. Gemeinsam mit Herzinger, Ertl und Mosler spielte Wanner eine gute Saison in der unglaublich starken 2. Division.

In der Siebenbrunnengasse ergab sich eine neue Konstellation: die Zusammenarbeit mit dem dort schon jahrelang ansässigen Klub Jokers Wien mit Mario Szöke und Alex Wanner an der Spitze. In diesem Klub gab es auch Florian Göltl, der mehr und mehr die Agenden seines Klubs übernahm und sich auch als Betreuer um die Jugendlichen beider Klubs kümmerte – und mit David Ballek, Nikola, Jakob und Klara Krgovic sowie mit David Zymbal sehenswerte Erfolge vorzuweisen hat.

„Nobody“, dann „Jokers“ – der „echte“ Siebenbrunnengassenklub.

Jokers Logo
Jokers Logo

Die Jahre in der Siebenbrunnengasse verliefen für den Klub unter neuen Vorzeichen: mit Jokers Wien, dem alteingesessenen Klub im KÖÖ Siebenbrunnengasse, wurden die Kontakte sehr bald geknüpft, die Jugendarbeit, die (leider sporadischen) Klubabende gemeinsam veranstaltet, genauso die Weihnachtsfeiern, und die Möglichkeit, Spieler für die Mannschaftsmeisterschaft zu verleihen, wurde gerne genützt. Die Vorgeschichte: 1993 konstituierte sich im KÖÖ Siebenbrunnengasse (1987 als erstes KÖÖ-Lokal gegründet) der Verein Nobody KÖÖ Wien, Gründer Gerhard Kouba, vorher Union-Spieler. Mit dabei einige Spieler aus dem Klub KÖÖ Kirchengasse. Der Union-Spieler Mario Szöke fand über seine Arbeit im KÖÖ Siebenbrunnengasse auch in den Jokers-Klub als Spieler, im Juli 97 erfolgte die Umbenennung in „PBC Jokers-KÖÖ Wien“.

Im Klubvorstand neben Obmann Szöke auch Alex Wanner, Dusan Andjelovski und Walter Ölsinger, der bei Union als Trainer erfolgreiche Jugendkurse absolviert und dort auch gespielt hatte. Die sportlichen Highlights waren Wiener Meistertitel in der Mannschaft, Mario Szöke verewigte sich als 8ball-Landesmeister, und Alex Wanner feierte in dieser Zeit große Erfolge bei den Wiener Turnieren, aber auch bei GP-Turnieren. Aus der Jugendarbeit von Jokers gingen Spieler wie Florian Göltl und Simon Schennach hervor. Mit der Übersiedlung des 1. PBC Union Wien in die Siebenbrunnengasse begann die Kooperation der beiden Klubs, die in erster Linie die Nachwuchsarbeit betraf. Es fand auch eine „Durchmischung“ der Liga-Mannschaften mit Leihspielern statt.

In den folgenden Jahren drückte Florian Göltl dem sportlichen Geschehen seinen persönlichen Stempel auf: nicht nur als Jugendtrainer, sondern auch als Spitzenspieler mit einigen Siegen in Basisturnieren und Landesmeisterschaften. Wichtig für den sportlichen Betrieb beider Klubs waren auch die con 2008 bis 20011 allwöchentlich stattfindenden „Mittwochsturniere“, die den Klubs neue Spieler brachten wie Georg Stettinger, Slavisa Marinkovic und andere. Ein Teil der Turniererträgnisse hilft den Klubs bei ihrer Jugendarbeit. Als wesentlicher Motor des Billardbetriebes der beiden Vereine, die vom KÖÖ Sportstätten- und Gastronomiebetrieb sowie vom Lokalpächter Milos Andjelowski unterstützt und von Dusan Andjelowski grafisch bestens betreut wurden, erwies sich Jokers-Obmann Florian Göltl, der sich nicht nur zum erfolgreichen Spitzenspieler entwickelte, sondern sich der Trainingsarbeit auf jeder Ebene bis hinauf zum ÖPBV annahm. Für die Uni rief er studentische Trainingskurse ins Leben, die jahrelang mit Erfolg liefen, aber auch das Interesse für Pool-Billard bei den Studenten weckten. Einige Teilnehmer landeten schließlich bei Klubs der Siebenbrunnengasse.

Sportliche Erfolge gab es auch in letzter Zeit. Besonders erfolgreich waren die beiden Siebenbrunnengassenklubs 2010/11 mit 1. Mannschaftsplätzen: die 1. Union-Mannschaft wurde Wiener Landesmeister, und Jokers 2 stieg in die 2. Liga auf. Nach einem Abstieg der langjährigen Bundesligamannschaft vor einigen Jahren glückte in der letzten Saison der Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga. Dort geht es ziemlich gut voran, der Klassenerhalt wurde als erstes Ziel angepeilt und scheint gegeben. Motor und Mannschaftsführer ist Zoran Vasiljkovic. Nach dem Abschied von Florian Göltl, den es beruflich nach Frankreich zog, ist Daniel Jukic sportlich in seine Fußspuren getreten: ein sehenswert erkämpfter 8ball-Landesmeistertitel ist das bisher beste Ergebnis des Sportlers.